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21.05.2007

Monatsbericht Mai 2007

Liebe Freunde und Verwandte, liebe Interessierte,

viel Zeit ist vergangen seit dem letzten Rundbrief. Lange hatte ich es mir schon vorgenommen, nun endlich sitze ich dran, am dritten Rundbrief.

Es geht mir gut. Ich genieße das Leben in der Stadt Jerusalem. Sitze ich mit meinem Mitbewohner Martin mit einer Wasserpfeife auf dem Dach unseres Hauses, so schauen wir hinab auf die grünen Hänge des Mount Zion, dem eng bebauten arabischen Stadtteil Silvan und die im Tal liegende Altstadt Jerusalems, dominiert durch die goldene Kuppel des Felsendomes.

Jeden Morgen auf dem Weg zu den Beduinen sehe ich die Felsendomkuppel golden aus dem Tal strahlen, und selbst, wenn Nebel über der Stadt liegt scheint sein goldenes Abbild über den Mauern der Altstadt zu schweben. Mein Weg führt mich dann zum Damaskustor, wo ich in einen arabischen Bus steige, der mich dann nach Azaryah bringt. Vor wenigen Jahren brauchte man keine zehn Minuten mit dem Bus von Jerusalems Altstadt bis nach Azaryah. Dies hat sich seit der Fertigstellung der Mauer in Azaryah im Juli 2003 geändert. Der direkte Weg von Jerusalem nach Azaryah ist versperrt. Nun müssen die arabischen Busse einen großen Umweg fahren. Der Weg führt entlang des Ölberges durch einen Tunnel in Richtung jüdäische Wüste, bevor es dann, entlang der israelischen Siedlung Maa´le Adumin hinauf zum dem Kreisverkehr geht.

Hier trennen sich die Wege von Israelis und Palästinensern, die einen fahren nach links in die mit Blumen und Palmen gesäumte Einfahrt in die Siedlung und die anderen biegen nach rechts in die Straße nach Azaryah ein, die sich wieder in Richtung Jerusalem schlängelt, bis sie auf die Mauer trifft.

Es war Anfang März, als ich auf dem Weg zur Anwar- School in einen Polizeisperre kam. Den Rucksack voll mit Pinseln und Farbeimern, in Gedanken bei meiner bevorstehenden Malstunde mit den Schülern der Anwar- Schule, traf ich plötzlich auf die Räumung eines Steinmarktes am Eingang zu Azaryah. Bald entsteht hier ein Checkpoint, als ein Teilstück der im Bau stehenden Mauer entlang des nördlicher Highway Jerusalem – Maa`le Adummim. Durch diesen Checkpoint wird die palästinensische Kleinstadt Azaryah schlussendlich in westlicher (Jerusalem), nördlicher (Highway Jerusalem – Maa`le Adummim) und östlicher Richtung (Maa`le Adummim, Qedar) eingeschlossen sein, sodass sich die Mauer wie eine Schlaufe um die Stadt zu zieht.

Nun sah ich, wie Kräne und Bagger, bewacht von unzähligen Soldaten, den Steinmarkt zusammen schoben. Dem gegenüber standen die Palästinenser, bewacht von zwei Soldaten mit Maschinengewehren in der Hand.

Was geschieht hier nur? Es ist erschreckend, wie sich alles so unauffällig bewegt. Der Mauerbau lässt sich bis heute nur erahnen, selbst die Busfahrer, die den Weg täglich abfahren, wissen nicht, wie es aussieht, wenn die Mauer Ende September errichtet sein wird. Wie wir dann noch zu den Beduinen kommen, ob denn überhaupt, das wissen wir auch noch nicht.

Unser palästinensischer Mitarbeiter Saleh verglich diesen schleichenden Vorgang des Einmauerns mit einer Fahrt in einem Bus, wo man, an der offenen Tür sitzend, „langsam, bei voller Fahrt, von der Bank gedrückt wird“.
Als ich nach diesem Zusammentreffen mit den Soldaten zur Anwar- Schule kam, habe ich mich ziemlich übel gefühlt. Nur das fröhliche Lachen der Kinder konnte mich wieder auf andere Gedanken bringen.

Der Unterricht in der Anwar- Schule geht gut voran. Neben dem Englischunterricht habe ich in den vergangenen Monaten damit begonnen, zweimal in der Woche mit den Kindern in dem Schulgarten zu arbeiten.
Wir haben mehrer Beete angelegt, in denen Möhren, Zwiebeln, Petersilie und Tomaten wachsen. Inzwischen blühen auch schon die ersten Blumen. Das kleine Stückchen Erde, umringt von hohen Mauern, war früher eine Müllhalde, jetzt ist es ein kleines schönes Gärtchen.

Vor einigen Tagen bemalten die Schüler Blumentöpfe. Sie waren konzentriert und hatten Spaß an dem Spiel mit den Farben. Sie kamen mit ihren Blumentöpfen und fragten „kiff hada, hilwe?“ (arab. Ist das schön?) und liefen nach „Wallah habibi, mumtaaz“ (arab. Wow mein lieber, exzellent) zufrieden zurück zu ihrem Platz. Nachher pflanzten wir Geranien in die Blumentöpfe, drückten die Komposterde fest und hängten die Töpfe an die Betonwand.

Es ist schön zu sehen wie die Kinder, die Frontalunterricht und lautes Nachsprechen gewöhnt sind, zu eigenem Arbeiten, zu eigenem Gestalten gelangen. Sport mache ich inzwischen kaum noch mit den Schülern. Zu unsicher bin ich noch im Arabischen, zu groß war das Chaos bei meinen letzten Versuchen, so etwas wie Laufspiele zu organisieren. So sind die Unterrichtsstunden auch im Englischen manchmal erfolgreich, oft aber auch einfach nur laut und anstrengend.

Nach dem Unterricht geht es meistens zum Hügel der Jahalin- Gemeinde. Auf dem Weg gibt es dann eine Fallafel für 20 Cent bei Mohammed und Abu Hassan.
Inzwischen kennt man sich, mein tägliches Kommen ist nichts Neues mehr, wenn wir uns sehen, grüßen wir uns. Durch die Straße der Autowerkstätten, aus denen das Altöl der alten VW- Kisten auf den Weg fließt, geht es dann entlang des Schrottplatzes zu den Beduinen.

Die sengende Sonne hat das Gras in dem letzten Monat braun werden lassen, nur wenige Grasbüschel finden die über den Hügel ziehenden Esel.
Auf dem Hügel im Caravan des Projektes, laufen die Englischkurse mit Suleiman und Mussab, kurz vor den bevorstehenden Examen mit guten Fortschritten.

Seit mehreren Monaten haben wir im Projekt einen neuen Mitarbeiter. Es ist Jonathan, ein nigerianischer Theologiestudent, der in der Jerusalemer Altstadt im Hause der „Weißen Väter“ studiert. Die erste Begegnung mit den Jahalin- Beduinen kam für Jonathan während eines Freundschaftsspieles zwischen deutschen Zivildienstleistenden und dem Jahalin Team zustande. Als Zuschauer eingeladen, landete er schließlich als Spieler des deutschen Teams auf dem Spielfeld.

Jonathan kam später auf uns zu und äußerte den Wunsch, als Volontär die Jahalin- Gemeinde zu unterstützen. Anna hatte die Idee, Fußballtraining für die Jungs anzubieten. Seitdem findet einmal in der Woche, während der Sportschauzeit am Samstag, ein zweistündiges Training auf dem Fußballplatz des Hügels statt.

Mithilfe des Jahalin- Sportkomitee ist es uns trotz anfänglichen Konflikten gelungen, eine schöne Fußballmannschaft zusammenzustellen. Letzten Mittwoch kam es dann auch zur ersten Begegnung mit einem Team aus Azaryah. Das Jahalin- Team spielte konzentriert und mannschaftlich, war in der Abwehr kompakt und schnell im Angriff. Am Ende stand es 6:0 für das Jahalin- Team. Haben sie klasse gemacht!!

Um mein Visum zu verlängern bin ich vor einem Monat nach Ägypten gereist. Von dem Grenzübergang Taba ging es mit dem Bus durch den Sinai nach Kairo. Kairo ist eine wahnsinnige Stadt. Zwanzigtausend Menschen leben an den Ufern des Nils, die Stadt platzt aus allen Nähten. Durch die Straßen schleicht sich der Verkehr, begleitet von einem unglaublichen Lärm. Die Lautstärke an diesem Ort ist atemberaubend, selbst in der Nacht scheint das Leben ununterbrochen weiter zu gehen. Die islamische Altstadt liegt wie ein riesiger Marktplatz zwischen Moscheen und Minaretten. Alles wird angeboten, überall wird gefeilscht und über dem ganzen liegt ein dichter Rauch aus verbranntem Müll, qualmenden Autos und dem Geruch des Essens. Das ganze ist ein Fest für die Sinne.

Von Kairo führte mich meine Reise nach Assuan und Luxor. Die Tempel, Statuen und Wandreliefs sind beeindruckende Überreste der Pharaonischen Kultur. Es hat mich sehr fasziniert, welche Lebendigkeit und welche Erfurcht noch von ihren Gesichtern ausgehen.

Gereist bin ich mit meinem israelischen Freund Yoram, er spricht fließend Arabisch und kennt sich ausgezeichnet in der Region aus. Mit ihm haben wir seinen Freund Mohammed in einem kleinen Dorf bei Luxor besucht, haben in der Nacht an den Ufern des Nils zu arabischer Musik getanzt und gesungen.
Es war ein spannender Urlaub, mit vielen neuen Eindrücken aus einem Land, welches sich noch irgendwo zwischen einem modernen und einem bäuerlich- traditionell geprägtem Staat befindet.

Bei der Einreise nach Israel gab es dann nur ein zweiwöchiges Visum, es hieß, dass ich ein Volontärsvisum für meinen Aufenthalt brauche. Ende dieses Monats habe ich jetzt also einen Termin für die Beantragung eines solchen Visums, mit Hilfe Allahs werden wir dass schon schaukeln…

Alles Gute aus Jerusalem,
Hendrik Dürr

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