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10.10.2007

Die zweite Haut

Die Gipsrollen lagerten schon seit einiger Zeit in meinem Zimmer. Das Sommercamp war vorbei, für die Gipsmasken war keine Zeit mehr übrig geblieben. So sollte es ein Abschiedsgeschenk an die Schüler der Anwar- Schule werden. Mit drei Freunden zogen wir vor einigen Tagen vom Damaskustor los, um den Kindern in Azaryah eine Freude zu machen. Als die Schüler schließlich kamen, lagen die Decken und Gipsstückchen schon bereit. Unser kleines Projekt- Study-Center (direkt neben der Anwar-Schule) sah aus wie ein Operationssaal.
Zehn Kinder standen schließlich neugierig um uns herum, wir begrüßten die Neuen Samira aus Marokko, Kevin aus Polen und Kathi aus Deutschland mit einem leisem Assalamu Aleikum, es konnte losgehen.

Nachdem unser Vorhaben erklärt war, suchten 15 Augenpaare nach einem Freiwilligen, der sich am Ende auch finden ließ: Mohammed, er legte sich mutig auf die Decke, zog das Kissen unter seinem Kopf und schloss die Augen. Jede Bewegung wurde von da an misstrauisch verfolgt, in ihren neuen schicken Uniformen standen die Schüler gespannt um Mohammed und seine Helfer. Die Gipsstückchen wurden durchs Wasser gezogen, auf die Haut gelegt, verbanden sich miteinander und ergaben zuletzt ein dichtes Geflecht. Während die erste Maske auf Mohammeds Gesicht trocknete, waren nun auch die anderen Schüler bereit, sich das nasse weiße Gipsband auf die Haut legen zu lassen, das Ergebnis bei Mohammed war gelungen. Sachte glitten die Finger nun über drei Gesichter gleichzeitig, Samira und Kati saßen umringt von kleinen Helferhänden bei Fatme, Fathen und Cherin. Still lagen sie dann auf ihren Decken, als das Gesicht nicht mehr bewegt werden durfte.

Inzwischen war auch schon die Lehrerschaft versammelt, was ging hier vor? Umringt von Kindern, verschwanden ihre Schüler unter weißen Stückchen, einzig ein Abdruck ihrer Gesichtszüge war zu erkennen. Doch die Schüler schienen zufrieden, und so saßen die Lehrerinnen schließlich dabei und tätschelten die Hände der auf Erlösung von der Gipsmaske wartenden Schüler. Neun Masken waren am Ende der Stunde entstanden, welch ein Gefühl, als sich die getrocknete Maske an die Haut schmiegte, jeden Gesichtszug des Gesichtes nachvollzog.
Am nächsten Tag wurden die Masken angemalt, in rot, gelb und blau erstrahlte schließlich das „zweite Gesicht“. Ein schönes Bild, als die Schüler sich mit den bunten Masken in der Hand zum Abschiedsfoto zusammenstellten.

Meine Zeit in der Anwar- Schule war begleitet von Höhen und Tiefen. Anfangs machte mir die Sprachhürde große Mühe, die Verständigung funktionierte nur mit Händen und Füßen, doch dass reicht nun mal nicht um Englisch zu unterrichten. Die Arbeit im Garten der Anwar- Schule fiel mir mit den Kindern leichter, das Graben in der Erde, das Säen der Salat-, der Möhren und Zwiebelsamen, das Gießen der Blumen war eine körperliche Beschäftigung, die zu vermitteln einfacher fiel. Nach einigen Monaten war das Arabisch soweit, um sich mit den Schülern zu verständigen und wir hatten einige gelungene Unterrichtstunden miteinander.

Dass die Lehrer mir diesen Freiraum ließen war ein großes Geschenk, denn die Arbeit in der Anwar- Schule war besonders in der Anfangszeit für mich in dieser mir doch fremden Welt ein wichtiger Ort, wo mir die Tür offen stand. Zu sehen, wie die Lehrerinnen die Schule führen, die sich gegenüber einer israelischen Militärbasis im Haus zweier Jahalin- Familien befindet, beeindruckt mich sehr. Seit dem neuen Schuljahr besuchen nun insgesamt 102 Kinder, Jahalin-Beduinen-Kinder und Kinder aus Assariah die Schule. In dem Sommer ist nun auch ein Kindergarten dazugekommen.

Mit viel Initiative und auch Unterstützung des Jahalin-Projekt wurden die Dinge in die Hand genommen, um den Kindern trotz aller Schwierigkeiten mit denen sie leben müssen, eine gute Bildung zukommen zu lassen.

Bilder und Text Hendrik Dürr

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