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20.12.2007

Das eigentliche Werk ist die Veränderung selbst

Nun naht also der Abschied. Drei Jahre Projektarbeit gehen zu Ende.

Ich versuche mich zu erinnern, wie es angefangen hat, im November 2004.

So lese ich noch mal meinen Rundbrief an Euch, die Freundinnen und
Freude, Unterstützerinnen und Unterstützer unserer Arbeit mit den
Jahalin-Beduinen.

Ich finde in den letzten Zeilen dieses Rundbriefes die Sätze „ so lege
ich mir schon jetzt in meinem Computer vorsorglich einen Ordner mit dem
Titel „Träume“ an.“ Gemeint war wohl, nicht „erschlagen“ und
niedergedrückt zu werden zu werden von der Realität und ob der Pflicht,
die solch eine Projektarbeit verlangt und mit sich bringt, einen
Ausgleich zu schaffen für die widrige Wirklichkeit, vielleicht…

Nun habe ich in diesen Tagen in diesen, meinen „Träume- Ordner“
geschaut und stelle fest, dass er leer geblieben ist.

Wie das? Ich denke, dass alles, was wir gemeinsam unternommen haben,
direkt in die wirkliche Wirklichkeit verlagert wurde. Schaue ich mir
die ersten gemeinsamen Aktivitäten an, es war das Bäume pflanzen rund
um unseren Caravan, das kleine Zentrum auf dem Hügel der Jahalin-
Gemeinde, so wird dieser Anfang ein Symbol sein für die gesamten drei
Jahre. Vision und Wirklichkeit fallen zusammen. Bäume werden gepflanzt,
Schulhäuser errichtet, ein Studierzentrum mit Computern aufgebaut,
Spielplätze gestaltet, ein Fußball- und Sportplatz mitten in die
steinige und hügelige Landschaft gebaut, Sommercamps veranstaltet,
Frauen gestalten farbenprächtige Stickereien, Mädchen lernen regelmäßig
Englisch und lernen dabei junge Menschen aus aller Welt kennen, mehr
und mehr Studentinnen bei den Jahalin können gezählt werden, inzwischen
sind es 18 junge Frauen, erwachsene Frauen lernen, die arabische
Sprache lesen und schreiben, die Männer des Jahalin- Komitees nehmen
die Gestaltung der kleinen Gemeinde in die eigenen Hände, die Wasser-
und Stromversorgung kann verbessert werden, eine Moschee wird gebaut,
ein wichtiges Zentrum für die Menschen auf dem „Jahalin-Hügel.“

Es ist wie ein „trotz alledem“, Zeichen werden gesetzt, Wirklichkeit
gestaltet.

All das schafft auch Realitäten, auch wenn die „große“ Wirklichkeit,
der Konflikt zwischen Israel und Palästina, immer noch anhält, sich
zuweilen gar noch verstärkt, versteinert und unüberwindlich scheint,
und die Beduinen, eine Minderheit, in der Gefahr sind, dazwischen als
Gemeinschaft zerrieben zu werden.

Viele, viele Gespräche und Debatten habe ich erlebt, selbst geführt um
die große Frage nach dem Sinn solcher Tätigkeit im „Kleinen“, dieser
Sisyphus- Arbeit , der niemand dankt und die niemanden dient.

Ich habe zusammen gearbeitet mit Menschen, für die schon seit
Jahrzehnten die Welt unerträglich zu werden droht, unerträglich ist,
die in Permanenz die Erfahrung machen, vertrieben zu werden, nicht
geduldet, nicht gesehen, nicht anerkannt zu sein.

Wie lebt man damit? Wie überlebt man das?

Ich wurde hineingezogen mit dieser, unserer Arbeit in große
gesellschaftliche Umwälzungen innerhalb dieser Beduinengemeinschaft,
einer ursprünglichen Nomadengesellschaft. Nichts ist mehr wie es war,
alles ist in Umwälzung, die Rolle der Männer und der Frauen, die
sozialen und ökonomischen Bedingungen, die Lebensweise, die
Alltagskultur, die Familienstrukturen, das traditionelle Wissen droht,
verloren zu gehen, die Herkunft verliert ihre Spuren, ihre Bedeutung
und Würde.

Drumherum die Realitäten und die Erfahrung, dass es immer nur noch
schlimmer wird, nichts besser. Mauern entstehen, wohin das Auge schaut,
Landschaften werden zerstückelt, alles soll getrennt, geteilt, soll
separiert und nicht zusammenkommen.

Vor zwei Wochen, nach einem wunderschönen Tag in Jericho, dem
gemeinsamen Abschiedfeiern mit Kolleginnen und Kollegen des Projekts,
den Lehrerinnen der Anwar- Schule und den Jahalin- Männern aus dem
Jahalin- Studierzentrum mit Barbecue und allem was dazu gehört, hat uns
diese Wirklichkeit ganz direkt ihr Gesicht gezeigt.

Diesmal jedoch traf es unsere israelische Kollegin Nitza, die bei der
Ausfahrt aus Jericho, einer palästinensischen Stadt im so genannten
„A-Gebiet“ von den kontrollierenden israelischen Soldaten aus dem Auto
zitiert und ihre Identitätskarte einbehalten. Die Polizeistation in
Maale-Adumim, eine israelischen Siedlung, wurde informiert, drei
Militär-Jeeps erschienen innerhalb kürzester Zeit und wir waren
umstellt von Polizei und Armee, die nicht verstehen konnte, was hier
vor sich ging. In der Regel sind es Menschen aus Palästina, die
erklären müssen, warum sie nach Jerusalem, in die Schule, ins
Krankenhaus oder die Familie in den benachbarten Dörfern und Städten
besuchen wollen.

Was war das Vergehen? Israelis ist es nicht erlaubt in die
palästinensischen Gebiete zu gehen. Das ist das Gesetz! So sagt der
Polizist! Das sei zu ihrem eigenen Schutz!

Das ist die offizielle Version. Was mich jedoch (immer wieder) am
meisten irritiert, ja erschüttert, war das nicht Vorstellen können
dieses Mannes von der Polizeistation in Ma’ale-Adumim und der
anwesenden Soldaten, dass Menschen aus Israel mit Menschen aus
Palästina etwas zusammen tun können. Etwas Schönes sogar!
Unvorstellbar!. Wir erklärten ihnen mehrmals den Grund unseres
Beisammenseins, doch immer wieder die Frage an Nitza, was in der Welt
sie hier in „in den Gebieten“ was sie hier verloren hätte?
Fassungslosigkeit um uns herum!

So zeigen sie ihre Wirkung: die Ideologien, die Propaganda, die
Feindbilder, das Entmenschlichen. Die „Anderen“, das meint letztlich
alle verlieren das Gesicht, werden zur puren Bedrohung.

So ist das Muster. Hier und überall. So wird der Gewalt der Weg geebnet:

in der Sprache, der Gestik, der Ignoranz, dem Nicht wissen wollen, bis
hin zu den offenen gewalttätigen Auseinandersetzungen.

Es zu erkennen ist das eine, zu versuchen, es zu überwinden, da beginnt
dann die eigentliche Arbeit.

Das haben wir versucht in den letzten drei Jahren. Eine nicht immer
einfache Aufgabe, eine große Herausforderung für alle von uns.

Unser aller Kreativität hat uns dabei unterstützt und viel ausprobieren
lassen, Ideen konnten neue Türen aufstoßen, Talente und Begabungen
wurden zur Verfügung gestellt, Menschen, die zuvor nichts miteinander
zu tun hatten, kamen zusammen und schafften Räume für Neues, eigene
Erfahrungen wurden gemacht. Diese Kühnheit möchte ich nicht mehr
missen. Der Langmut und die Geduld waren unsere ständigen
Begleiterinnen.

Das ist der Stoff, aus dem die Träume sind, meine Träume ganz gewiss.

Das ist wohl auch der Grund, warum der Ordner „Träume“ in meinem
Computer leer geblieben ist.

Ich habe direkt und unmittelbar in der wirklichen Wirklichkeit erfahren
dürfen, welchen Sinn es macht, wenn gesellschaftliche Kräfte sich
zusammenschließen und Einfluss nehmen auf die Gestaltung von Prozessen.
Ich habe erlebt, welch große Herausforderungen an alle Beteiligten
gestellt werden, die in diesen fragilen und sensiblen Feld der
Friedensarbeit arbeiten, und die versuchen, gesellschaftliches
Einwirken ohne Gewalt möglich zu machen. Ich habe sogar die Erfahrung
gemacht, dass Menschen „Flügel wachsen“ können, wenn sie in einer
Atmosphäre von Respekt, Wertschätzung und Freundlichkeit arbeiten
können. Und ich habe die Erfahrung gemacht, dass man nicht immer einer
Meinung sein muss, um etwas Gemeinsames zu schaffen.

Und all das wäre nicht möglich gewesen, wenn wir uns nicht alle
einander gestützt hätten.

In diesem, unseren Projekt sind das die Frauen und Männer der
Jahalin-Beduinen, Menschen aus Palästina und Israel,
Nichtregierungsorganisationen aus diesen beiden Gesellschaften,
internationale Freiwillige, und die beiden deutschen Organisationen BSV
und forumZFD, sowie die Mitarbeiter des Bundesministeriums für
Zusammenarbeit, BMZ, die das Projekt gefördert und unterstützt haben.

Ich sehe das als ein großes Geschenk, das wir uns gegenseitig gemacht
haben.

Das ist das Wertvollste für mich, was ich aus dieser Zeit zurück nach
Deutschland bringen kann.

Maryam, eine junge Beduinenfrau fragte mich bei einem unserer
gemeinsamen Treffen, es war im frühen Sommer, wie das denn gehen soll?
Was will ich denn ohne die Beduinen überhaupt machen, wenn ich wieder
nach Deutschland zurückkehre?

Was für eine Frage!

Ganz sicher werde ich mit den Menschen auf dem Jahalin-Hügel verbunden
bleiben, einen Jahalin- Freundeskreis in Deutschland zu gründen ist
eine Idee, von den Kolleginnen des BSV und mir schon in die Welt
gesetzt.

Es ist ein Anfang gemacht worden in dieser Zusammenarbeit, Vieles wird
noch zu tun bleiben.

So freue ich mich auch sehr, dass der Deutsche Entwicklungsdienst, DED
die Arbeit bei den Jahalin vor Ort fortsetzen wird.



Ich lade Euch, die Ihr interessiert seid, zu einer Unterstützung und
Mitarbeit ganz herzlich ein.



Was bleibt ist mein großer Dank an alle, die uns und mich in den
letzten Jahren begleitet und unterstützt, neue Impulse, Mut und
Wertschätzung gegeben haben.

Ein unentbehrlicher Bestandteil aller Arbeit!



Euch allen wunderschöne Feiertage, und ein gutes neues Jahr mit
Zuversicht, Kühnheit und großem Vertrauen!







Jerusalem, den 20. Dezember 2007



Anna Crummenerl









Alles beginnt im Kleinen





Baüme planzen

Bäume pflanzen



Bäume wachsen

Bäume wachsen



fragil und doch standfest

fragil und doch standfest



schaffen sie sich Raum

schaffen sie sich Raum



Der Ort des Beginnens

Der Ort des Beginnens



Der Caravan

Der Caravan ...



und sein Wachsen

und sein Wachsen



und Gestalten

und Gestalten ...



eine Oase entsteht, von weitem schon sichtbar

eine Oase entsteht, von weitem schon sichtbar



und im Innern mit vielen Möglichkeiten

und im Innern mit vielen Möglichkeiten



wie den farbenprächtigen Stickereien

wie den farbenprächtigen Stickereien



in dessen Garten

in dessen Garten



selbst Steine sich in Farbe tränken lassen

selbst Steine sich in Farbe tränken lassen



Auch der Schulhof auf dem Hügel

Auch der Schulhof auf dem Hügel



wird zur farbigen

wird zur farbigen



und blühenden
und blühenden



Landschaft

Landschaft



Der Sportplatz

Der Sportplatz ...



eine Herausforderung schlechthin

eine Herausforderung schlechthin



und doch langsam nimmt er Gestalt an

und doch langsam nimmt er Gestalt an



mit vieler Hände Hilfe

mit vieler Hände Hilfe



kreativen Kräften

kreativen Kräften



und wahren Umwälzungen

und wahren Umwälzungen



wird er zu einem Ort der Begegnung

wird er zu einem Ort der Begegnung



und des Gäste Empfangens

und des Gäste Empfangens



von Fußballfreunden aus Deutschland im letzten Jahr

von Fußballfreunden aus Deutschland im letzten Jahr





und in diesem Jahr



oder dem neuen Fußballteam

oder dem neuen Fußballteam



Wandel gestalten

Wandel gestalten



auch im Jahalin- Study-Center

auch im Jahalin- Study-Center



und der Anwar-Schule in Assariah

und der Anwar-Schule in Assariah



welche neue Gestalt annnimt

welche neue Gestalt annnimt



und einem Kindergarten

und einem Kindergarten



für die vielen kleinen Gäste

für die vielen kleinen Gäste



Raum zum Spielen

Raum zum Spielen





und ihre Freude

und ihre Freude



gerne zum Ausdruck bringen

gerne zum Ausdruck bringen



Auch hier bringen fleissige Hände

Auch hier bringen fleissige Hände



einiges zutage

einiges zutage



Dinge, die ihren Zweck schon verloren haben

Dinge, die ihren Zweck schon verloren haben



verlangen viel Tatenkraft

verlangen viel Tatenkraft



werden zu ganz etwas Neuem

werden zu ganz etwas Neuem



und machen ganz schön stark

und machen ganz schön stark









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