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12. Mai 2006

Begegnungen...

Mousa Jahalin sitzt im Schatten des Olivenbaums auf einem Hügel, mit dem Rücken zu Jerusalem. Er blickt auf die judäische Wüste, die jordanischen Berge und auf das Tote Meer. Der 35-Jahrige kennt den Hügel gut, jeden Stein. Dort hat er als Kind Ziegen gehütet, dort ist er auf dem Esel in die Schule geritten. Er deutet mit der Hand die Richtung an. Damals passte alles, was ein Beduine besitzt, auf den Rücken eines Kamels, sagt er. Das ist heute anders. Und nicht nur das.

Einen ganzen Tag haben sich Mousa Jahalin und seine Freunde aus dem Hebräischkurs sowie Anna, Jonas und Nitza vom Jahalin-Projekt Zeit für die deutschen Gäste genommen: Peter (Wings of Hope), Anette (Internationales Begegnungszentrum Bethlehem) und die vier Friedensdienst-Praktikantinnen Elvira, Gisela, Dorothee und Ursula. Und was am Vormittag in schüchterner Atmosphäre mit einer Vorstellungsrunde im Computerraum in Azarya begann, wurde, nicht zuletzt dank der Übersetzungshilfe von Saleh Abu-Damous und der israelischen Kollegin des Projekts, Nitza, zu einem wunderbaren Nachmittag, mit vielen schönen Momenten - und mit sehr traurigen Geschichten.

Auf ihrem Lieblingshügel auf der anderen Seite der israelischen Siedlung Ma’ale Adumin haben Mousa, Hassan, Saleh, Yussef, Abu Schadi, Ali, Feis, Daud und Eid Decken ausgepackt, Humus, Salat und Brot wird serviert und Kebab, Tomaten und Zwiebeln werden gegrillt. Viel wird erzählt:Von der Vertreibung aus der Negev-Wüste 1953, von der anschließenden Vertreibung aus der Umgebung von Hebron, von ihrer Ansiedlung im Osten Jerusalems, von ihrer Flucht nach Jordanien, von der Rückkehr in den Osten Jerusalems, von der Vertreibung durch den Bau der israelischen Siedlung Ma’ale-Adumin, von ihrer gewaltsamen Ansiedlung 1998 auf dem Hügel, auf dem sie heute leben.

Die Männer erzählen auch von ihrer Angst vor der Mauer, die gerade eben am Rande ihrer Siedlung und des benachbarten palästinensischen Dorfes Abu Dis gebaut wird und die sie dann komplett von Jerusalem trennen wird. Sie erzählen von Frauen aus ihren Familien, denen der Weg zu den Krankenhäusern auf dem Weg zur Geburt ihrer Kinder verweigert wird. Von ihren Jobs in der israelischen Siedlung Ma’ale-Adumin und im dazugehörigen Industriegebiet, wo sie als Nachtwächter oder Straßengärtner arbeiten.

Der Job, sagte Mousa Jahalin irgendwann, der störe ihn gar nicht. Und doch, so erzählt er von seinen immer noch vorhandenen Wünschen. „Ich würde gerne nach der Arbeit in ein Beduinenzelt zurückkommen, meine Schafe haben - und meine Freiheit.“

Zu dieser Freiheit gehört auch ein Picknick auf dem Lieblingshügel. Auch das ist für die Beduinen nicht mehr selbstverständlich. Von diesem wundervollen Aussichtshügel sieht man schon die geplanten Veränderungen zum „ Einverleiben von Ma’ale-Adumim“ in die Idee des „Groß-Jerusalem“ durch die verantwortliche israelische Politik: Die Hügel und Bergkuppen gleichen zunehmend einem großen Bauplatz: der Bau der Mauer, neue Straßen, und nicht zuletzt der Bau einer großen israelischen Polizeistation, mitten in diese wunderschöne Landschaft gesetzt. Lange sitzen wir hier, viele, Geschichten werden erzählt. Und es wird viel gelacht an diesem Tag. Mousa sagt auf dem Rückweg mit einem strahlenden Lächeln: „Wenn ich heute zur Arbeit gehe, dann mit einem frohen Herzen.“

Ursula

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